Ein Gespräch mit Christoph Aloysius Denter
In seinem Buch „Durchsetzung von Stadionverboten“ beleuchtet Christoph Aloysius Denter die komplexen Herausforderungen bei der Durchsetzung von Stadionverboten. Im Interview mit dem Tectum Verlag gibt er Einblicke in die Schwierigkeiten bei der Identifizierung von Verbotenen, diskutiert internationale Erkenntnisse und stellt seinen innovativen Ansatz eines „hybriden Zutrittsverhinderungssystems“ vor.
Herr Denter, Ihr Buch beleuchtet die Umsetzung von Stadionverboten aus verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln. Welche Herausforderungen und Schwierigkeiten haben Sie bei Ihren Recherchen identifiziert, die für die Umsetzung dieser Maßnahmen auf nationaler Ebene relevant sind?
Eine der größten Herausforderungen für die Umsetzung des Stadionverbots ist die Identifizierung der „Stadionverbotler“ am Veranstaltungstag. Denn an den Spieltagen strömen meist tausende Zuschauerinnen und Zuschauer in die Stadien und nur einzelne Personen, ergo die Personen mit Stadionverbot, müssen aus dieser Zuschauermasse selektiert werden, um Sie am Zutritt hindern zu können. Es geht hier ein wenig um die Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“ und diese kann bekanntlicherweise sehr schwer sein.
Rechtlich gesehen sind die Vereine in erster Linie für die Durchsetzung des Stadionverbots verantwortlich, allerdings kann auch der Staat zur Gefahrenvorsorge verpflichtet sein. Beide setzen für die Umsetzung des Stadionverbots zwar verschiedene Maßnahmen ein. Viele der Präventivmittel laufen jedoch ins Leere. So konnte die Untersuchung etwa durch eine empirisch informierte Arbeitsweise zumindest einige umgangene Stadionverbote nachweisen, auch wenn sich der prozentuale Anteil an Verstößen gegen das Stadionverbot nicht abschließend bestimmen ließ. Eine Zusammenarbeit zwischen den Vereinen und der Polizei ist unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten und Befugnisse für die Zukunft als weitere Herausforderung wichtig. Gegenwärtig wird nicht optimal zusammengearbeitet, allerdings könnten in Zukunft etwa die sogenannten „Stadionallianzen“ Abhilfe leisten.
In Ihrem Buch erwähnen Sie, dass Sie auch ausländische Maßnahmen zur Lösung des Vollzugsproblems von Stadionverboten untersucht haben. Welche Erkenntnisse konnten Sie aus diesen internationalen Vergleichen gewinnen, die auch für das deutsche Rechtssystem relevant sein könnten?
Aus dem Ausland werden mit der biometrischen Gesichtserkennung in Brøndby und der biometrischen Handvenenerkennung in Budapest insbesondere zwei Systeme dargestellt, die gegenwärtig zur Durchsetzung von Stadionverboten eingesetzt werden und durchaus Abhilfe für die nationale Anwendung schaffen könnten. Den praktischen ausgeklammert, müssen solche Systeme aber mit der Rechtslage im Einklang stehen und hierzu ist allgemein zu betonen, dass die rechtlichen Anforderungen beim Einsatz biometrischer Systeme hoch sind. Für den konkreten Zweck der Stadionverbotsdurchsetzung ist die Verwendung eines biometrischen Systems im Ergebnis jedenfalls grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar. Dies gilt zumindest beim monotonen Einsatz von biometrischen Systemen, also für solche Kontrollen, bei denen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer für den Stadionzutritt ohne Auswahlmöglichkeit zwangsweise einem einzigen biometrischen Kontrollsystem unterwerfen müssen.
Ihr „hybrides Zutrittsverhinderungssystem“ wird als Lösungsansatz für die Durchsetzung von Stadionverboten vorgestellt. Können Sie näher erläutern, wie dieses System funktioniert und welche Vorteile es gegenüber den bisherigen Maßnahmen bietet? Gibt es bereits Beispiele für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Ansatzes in anderen Ländern?
Um zunächst auf Ihre zweite Frage einzugehen: Nein, eine erfolgreiche Umsetzung des „hybriden Zutrittsverhinderungssystems“ gibt es noch nicht – weder im Ausland noch auf nationaler Ebene. Die Idee hinter dem System als Gesamtkonstrukt ist nämlich neu, obwohl das Modell aus einzelnen Komponenten besteht, die in der Praxis schon bekannt sind. Es wäre falsch zu sagen, dass mit dem Modellvorschlag „das Rad gänzlich neu erfunden“ wurde. Dies war gar nicht erforderlich. Es reichte aus, an den notwendigen Stellschrauben zu drehen. Ich möchte aber auch noch erwähnen, dass das „hybride Zutrittsverhinderungssystem“ kein abschließender, sondern ein anpassungs- und erweiterungsfähiger Modellvorschlag ist. Expertinnen und Experten aus unterschiedlichsten Branchen könnten ihr Know-How für eine etwaige Weiterentwicklung gerne noch mit einfließen lassen.
Allgemein formuliert besteht das hiesige System funktionell aus zwei unterschiedlichen Zutrittsmöglichkeiten, bei denen die Besucherinnen und Besucher die Auswahl hinsichtlich des eigenen Kontrollvorgangs haben. In concreto können die Fans auf den zwei unterschiedlichen Zutrittspfaden zwischen einer biometrischen oder einer nicht-biometrischen Kontrolle frei entscheiden. Diese Auswahlmöglichkeit bietet zunächst den Vorteil, dass das System rechtskonform ist.
Auf dem nicht-biometrischen Weg wird der herkömmliche Sicherheitsdienst eingesetzt. Wer sich aus praktischer Sicht fragt, wieso durch den Einsatz des privaten Sicherheitsdienstes überhaupt noch ein zweiter Weg angeboten werden muss, muss wissen, dass der Sicherheitsdienst gegenwärtig bei den Kontrollen massiv überfordert ist. Hier muss sich also etwas ändern, weil teils große Durchsetzungslücken auftreten. Aus meiner Sicht lassen sich die Durchsetzungslücken durch eine Entlastung des Sicherheitsdienstes verringern und dafür ist wiederum der zweite Weg mit dem biometrischen System zweckförderlich. Biometrische Systeme sind nämlich zum Teil in der Lage in sekundenschnelle Identifizierungen vorzunehmen, sie gelten als sicher und finden immer mehr Akzeptanz in der Gesellschaft. Deswegen ist davon auszugehen, dass viele Zuschauerinnen und Zuschauer beim Stadioneinlass den biometrischen Weg wählen werden. Davon profitiert wiederum als weiterer Vorteil des Systems der Sicherheitsdienst, weil dieser weniger Personen kontrollieren muss und mehr Zeit für die Kontrollen derjenigen Fans übrig hat, die den biometrischen Weg nicht gehen wollen.
Die Ausführungen des Autors beleuchten die komplexen und vielschichtigen Hürden bei der Umsetzung von Stadionverboten. Seine Betonung der Notwendigkeit einer rechtskonformen und effizienten Lösung sowie die Berücksichtigung internationaler Erfahrungen unterstreichen die Bedeutung eines durchdachten und praxisnahen Ansatzes. Die Entwicklung des „hybriden Zutrittsverhinderungssystems“ als anpassungsfähige Lösung bietet einen vielversprechenden Weg, den Herausforderungen bei der Durchsetzung von Stadionverboten auf nationaler Ebene zu begegnen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Diskussion zu einer konstruktiven Weiterentwicklung im Umgang mit der Thematik führt.